Maria Nolden, 1893 - 1968
Einen großen Teil der Scheren- schnitte ihres verstorbenen Mannes trug meine Großmutter Maria Nolden im Luftschutzkeller in Köln in einem Koffer immer bei sich. Nachdem ihr Haus 1942 von Bomben zerstört wurde, versuchte sie vom Verkauf der geretteten Stücke zu leben. Aber sie schickte auch ihrem Sohn Harry (meinem Vater), sortierte Päckchen zum Verkauf. Nach dem Krieg zog sie zu uns nach Hamburg-Harburg und erzählte immer wieder von den schönen Zeiten in Paris. Sie sortierte die kleinen Werke nach Themen und Größen, was eine große Hilfe war, als sie 1968 zum ersten Mal ausgestellt wurden.
Maria, Ilse und Harry Nolden mit den Kindern Reinhard und Brigitte, 1950 Meyerstraße 64, Hamburg-Harburg
Als unser Vater Harry Nolden 1998 starb, kümmert sich auch mein Bruder Reinhard Nolden um den Nachlass und hat begonnen ein digitales Archiv anzulegen.
Heute verfügen wir etwa über 2000 Scherenschnitten von Heinrich Nolden sen. Sie müssen zwischen 1890 und 1941 entstanden sein. Die meisten sind nicht aufgeklebt, nicht signiert und nicht datiert. Durch den Vergleich mit den signierten Stücken, den verwendeten Papieren und dem Stil, gehen wir davon aus, dass die meisten von seiner Hand stammen und überwiegend 1920-1941 geschnitten wurden
DER STIL
Was macht das Besondere der Scherenschnitte von Nolden sen. aus? Die große Anzahl der Schnitte im Biedermeierstil, stehen ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts.
Die viereckigen Schnitte sind aus einem Stück Papier sehr kunstvoll herausgeschnitten und wohl von chinesischen Arbeiten inspiriert. Sie wirken wie Fixierbilder und manche haben die Größe einer Briefmarke.
Die Denunziantin
Ungewöhnlich sind die zeitkritische Auseinandersetzung mit dem Krieg und den Modernen Zeiten. Der Kontrast zwischen Schwarz und Weiß wirkt beinah wie beim Holzschnitt.
Die von geilen alten Männern belauschten, badenden jungen Frauen gibt es in vielen Varianten und natürlich ist die Liebe thematisiert in all ihren Höhen und Tiefen.
Voyeure
Auf den aneinander geklebten Stücken tummeln sich Mensch und Tier in der Landschaft bei den unterschiedlichsten Verrichtungen. In dieser Gleich- zeitigkeit steckt für mich die eigentliche Botschaft meines Großvaters.
Mein Vater nannte ihn einen “Kölschen Grienlächer“, ein Mensch schwer zu fassen, zwischen bissiger Schadenfreude und milder Lebensphilosophie.
Der Scherenschneider wehrt sich
Wenn der Hund nicht geschissen hätte, hätte der Jäger den Hasen geschossen